
Zwei
Küken ziehen aus, um die Welt zu sehen. Es ist ein Märchen für Kinder,
bunt und fröhlich. Doch dieses Buch kommt aus der Hölle von Auschwitz.
Hier hat es ein KZ- Häftling eigenhändig gemalt und geschrieben,
heimlich und unter Lebensgefahr. Henryk Czulda, der Vater, im Juli
1943 verhaftete ihn die Gestapo in Lodsch.
Nach Auschwitz kam er drei Monate später. Da war das große Morden
schon in vollem Gang. Wie durch ein Wunder überlebte der Vater das KZ
und auch den späteren Todesmarsch nach Deutschland.
Auschwitz 1 , das Stammlager.
Die Brüder sind zum erstenmal hier, Der Vater war im Stammlager
Auschwitz 1 untergebracht, aber wie alle Häftlinge wusste er, was in
Auschwitz-Birkenau geschah. Die Söhne des Häftlings: Zbigniew und
Andrzej Czulda, Als der Vater nach Auschwitz kam, war Zbigniew, der
Ältere, schon geboren. Hier wollen sie sehen, wie ihr Vater die
schlimmste Zeit seines Lebens verbrachte.
Im Lager malte der Häftling Henryk Czulda sein Märchenbuch, ER malte
Bilder aus der Erinnerung, aus einer Welt, die im Lager nicht mehr
existierte. Mitten im großen Sterben hat der Vater an seinem Buch
gearbeitet, wohl immer in Gedanken an den kleinen Sohn draußen.
Die Söhne des Häftlings: Zbigniew und Andrzej Czulda. Spurensuche:
Warum hatte der Vater Papier und Farben zur Hand, Dinge, deren Besitz
sonst streng verboten war. Die Antwort: weil die Deutschen ihn
brauchten, Henryk Czulda war von Beruf Architekt und musste, durfte
im Baubüro arbeiten. Die Pläne, die die Häftlinge dort zeichneten,
waren meist Pläne für den Ausbau des Todeslagers Auschwitz-Birkenau,
einige davon sind Im Museum erhalten.
- Das Märchen erlaubte unserem Vater zu überleben, denn: das Buch
ermöglichte ihm eine Trennung von der schrecklichen, schwarzen
Wirklichkeit, hin zu einer bunten, milden Welt, zu einer anderen Welt,
wo man beim Zeichnen für einige Minuten außerhalb des Lagers war.
Das ist das Original und das hat der Vater durch sechs Lager
geschmuggelt. Und das brachte er dem kleinen Zbigniew mit: das
Märchenbuch aus Auschwitz.
Manche der Häftlinge aus dem Baubüro überlebten, wie Henryk Czulda,
viele aber nicht, und ihre Märchen waren dann die einzige Erinnerung
an den Vater. Wie viele Überlebende hat auch Henryk Czulda in seinen
letzten Lebensjahren nur wenig erzählt von seiner Zeit in Auschwitz.
Doch an diesem tag haben Andrzej und Zbigniew viel über ihren Vater
erfahren.
/ Robin
Lautenbach /
|